Bei dem Begriff "Mobbing" handelt es sich nicht um einen Tatbestand im juristischen Sinn, sondern um einen Sammelbegriff von Verhaltensweisen, die je nach Sachlage des Betroffenen rechtliche, gesundheitliche und wirtschaftliche Auswirkungen haben können. Es gibt mit dem AGG eine gesetzliche Regelung über "Mobbing". Der Begriff der Belästigung im Sinne des AGG entspricht für die geschützten acht Merkmale der von der Rechtsprechung bislang entwickelten Mobbing-Definition. Bei Belästigungen/Mobbing wegen einem der gesetzlich geschützten acht Merkmale können die Beschäftigten nach dem AGG vorgehen, bei Belästigungen/Mobbing aus anderen Gründen bleibt es bei den allgemeinen, durch die Gerichte entwickelten Grundsätzen.
Bei der arbeitsrechtlichen Bewertung von Mobbing ist danach zu unterscheiden, ob das Mobbing vom Arbeitgeber ausgeübt bzw. geduldet wird oder ausschließlich von Arbeitskollegen bzw. Vorgesetzten des Betroffenen ausgeht.
Der Arbeitgeber hat aufgrund des bestehenden Arbeitsverhältnisses als arbeitsvertragliche Nebenpflicht die sog. Fürsorgepflicht, die ihn verpflichtet, auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Dazu gehört auch die Pflicht, den Arbeitnehmer davor zu schützen, dass er am Arbeitsplatz Gesundheitsgefahren ausgesetzt ist (vgl. § 618 Abs. 1 BGB) und Maßnahmen zu unterlassen, die geeignet sind, das Fortkommen des Arbeitnehmers zu beeinträchtigen. § 75 Abs. 2 BetrVG verpflichtet den Arbeitgeber (und den Betriebsrat) ferner, das Persönlichkeitsrecht der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gegen Beeinträchtigungen zu schützen. Unter dem Begriff des Persönlichkeitsrechts wird das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner Menschenwürde und Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit verstanden. Soweit der Arbeitgeber aktiv Mobbing gegen einen bestimmten Arbeitnehmer betreibt oder daran beteiligt ist, verletzt er nicht nur seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, sondern auch das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen.
Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber das von Vorgesetzten oder Arbeitskollegen ausgehende Mobbing kennt, aber stillschweigend duldet und nichts dagegen unternimmt. Der Arbeitgeber ist in einem solchen Fall aufgrund seiner Fürsorgepflicht und § 75 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, sich schützend vor den Betroffenen zu stellen und geeignete Maßnahmen zu treffen, um weitere Mobbinghandlungen zu verhindern.
Arbeitnehmer haben gegenüber dem Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, sich so zu verhalten, dass der Betriebsablauf nicht beeinträchtigt wird und Schäden für das Eigentum bzw. Vermögen des Arbeitgebers vermieden werden (sog. arbeitsrechtliche Treuepflicht bzw. Pflicht zur Unterlassung betriebsschädlichen Verhaltens). Diese Pflicht verletzt der mobbende Arbeitnehmer, weil durch Mobbing i. d. R. auch der Betriebsfrieden gestört wird und dem Arbeitgeber Schäden in Form von Lohnfortzahlungskosten der als Folge des Mobbings erkrankten oder in ihrer Leistungsfähigkeit geminderten Arbeitnehmer entstehen.
Gegenüber dem Betroffenen begeht der mobbende Arbeitnehmer durch sein Verhalten eine unerlaubte Handlung in Form einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit.
Arbeitnehmer die aufgrund anderer, nicht durch das AGG geschützten Merkmale bzw. aus anderen Gründen belästigt ("gemobbt") werden, können auf das allgemeine betriebliche Beschwerderecht zurückgreifen, das seine Rechtsgrundlage in §§ 84 und 85 BetrVG hat. Diese Möglichkeit wird insbesondere durch die spezielle Regelung in § 13 AGG nicht ausgeschlosssen.
§ 84 Abs. 1 S. 1 BetrVG gibt jedem Arbeitnehmer, der sich vom Arbeitgeber oder anderen Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt, ungerechtfertigt behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt, das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren. Dabei kann er zur Unterstützung oder Vermittlung ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen (§ 84 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Soweit es im Betrieb keine besondere Stelle für die Entgegennahme derartiger Beschwerden gibt (z. B. einen sog. Konflikt- oder Mobbingbeauftragten), hat sich der Beschwerdeführer zunächst an seinen unmittelbaren betrieblichen Vorgesetzten oder, wenn die Beschwerde gegen ihn gerichtet ist, an den nächsthöheren Vorgesetzten zu wenden. Der Betroffene kann seine Beschwerde auch unmittelbar beim Betriebsrat einlegen, der in diesem Fall verpflichtet ist, beim Arbeitgeber auf eine Abhilfe hinzuwirken, sofern er die Beschwerde für berechtigt hält (§ 85 Abs. 1 BetrVG).
Der Arbeitgeber hat nach § 84 Abs. 2 BetrVG die Pflicht, die eingelegte Beschwerde zu prüfen und dem Beschwerdeführer das Ergebnis seiner Untersuchungen mitzuteilen. Soweit er die Beschwerde für begründet hält, besteht für ihn eine Rechtspflicht zur Vornahme der zur Beseitigung der Konfliktsituation möglichen und geeigneten Abhilfemaßnahmen. Hilft der Arbeitgeber der Beschwerde nicht ab, so ist der Arbeitnehmer berechtigt, bei den für sein Begehren zuständigen Stellen außerhalb des Betriebs Schutz zu suchen (vgl. § 17 Abs. 2 ArbSchG), z. B. durch Erstattung einer Strafanzeige gegen den Mobber oder Einschaltung der für den Arbeitsschutz im Betrieb zuständigen Behörden (Gewerbeaufsichtsämter bzw. Ämter für Arbeitsschutz).
Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer nach § 84 Abs. 3 BetrVG keine Nachteile entstehen. Dieses Benachteiligungsverbot greift auch dann ein, wenn die Beschwerde objektiv nicht berechtigt war. Etwas anderes gilt nur für den Fall einer missbräuchlichen Ausübung des Beschwerderechts, z. B. bei völlig haltlosen schweren Anschuldigungen in beleidigender Form.
Das Benachteiligungsverbot schützt den Beschwerdeführer in erster Linie gegen die Zufügung von Nachteilen durch den Arbeitgeber. Maßnahmen des Arbeitgebers, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen (z. B. Abmahnungen, Versetzungen oder Kündigungen), sind unwirksam.
Der Beschwerdeführer erhält durch das Benachteiligungsverbot auch Schutz gegen Handlungen der von der Beschwerde betroffenen Personen (Arbeitskollegen, Vorgesetzte), die darauf gerichtet sind, ihn "mundtot" zu machen. So hat derjenige, über den Beschwerde geführt wird, grundsätzlich keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Unterlassung der Behauptungen, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind. Etwas anderes gilt nur bei Behauptungen, die bewusst unwahr oder leichtfertig aufgestellt worden sind. Grundsätzlich ausgeschlossen sind auch Schadensersatzansprüche des Betroffenen gegen den Beschwerdeführer. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat entschieden, dass sich ein Arbeitnehmer, der über einen Arbeitskollegen eine ehrenrührige, nicht erweislich wahre Behauptung aufstellt, die den Arbeitgeber zum Ausspruch einer Kündigung veranlasst und zum Arbeitsplatzverlust dieses Arbeitskollegen führt, dann nicht schadensersatzpflichtig macht, wenn er bei der Weitergabe der strittigen Äußerung in Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) gehandelt hat. Dagegen besteht eine Schadensersatzpflicht, wenn ein Arbeitnehmer über einen Arbeitskollegen eine bewusst unwahre Tatsache (z. B. die Bezeichnung des Arbeitgebers als Sklaventreiber) behauptet und dadurch den Arbeitsplatzverlust dieses Arbeitskollegen verursacht oder zumindest mitverursacht hat. Während das AGG bei Belästigungen oder sexuellen Belästigungen ein spezielles Leistungsverweigerungsrecht vorsieht (§ 14 AGG), ergibt sich für Mobbingbetroffene das Recht zur Zurückbehaltung der Arbeitsleistung aus § 273 Abs. 1 BGB. § 273 Abs. 1 BGB gibt dem Arbeitnehmer das Recht, seine Arbeitsleistung zurückzuhalten, um den Arbeitgeber zur Erfüllung einer ihm obliegenden fälligen Vertragspflicht aus dem Arbeitsverhältnis anzuhalten. In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass auch eine Verletzung der Fürsorgepflichtoder ein Verstoß des Arbeitgebers gegen die sich aus § 618 BGB ergebenden Arbeitsschutzpflichten ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung begründen können. Ein solches Arbeitsverweigerungsrecht kann dem Arbeitnehmer insbesondere bei einer schikanösen Behandlung durch den Arbeitgeber oder Vorgesetzte am Arbeitsplatz zustehen. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unter missbräuchlicher Ausübung seines Direktionsrechts unzumutbare Arbeiten zuweist oder ihn über längere Zeit nicht vertragsgemäß beschäftigt. Die berechtigte Ausübung des Zurückbehaltungsrechts hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer für die Dauer des vertragswidrigen Zustands seinen Anspruch auf Fortzahlung der Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs (§ 615 BGB) behält.
Ansprüche auf Ersatz mobbingbedingter Schäden wegen anderweitiger, nicht vom AGG erfasster Merkmale können sich aus Vertrag oder unerlaubter Handlung ergeben. Betreibt der Arbeitgeber aktiv Mobbing gegen einen Arbeitnehmer, so steht diesem ein vertraglicher Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der allgemeinen Regelung des § 280 Abs. 1 BGB zu.
Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber eine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung der Fürsorgepflicht begeht, indem er nichts gegen das ihm bekannte Mobbing eines Arbeitnehmers durch Vorgesetzte oder Arbeitskollegen unternimmt. Ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung steht dem Arbeitnehmer dann zu, wenn durch das Mobbing ein absolut geschütztes Rechtsgut im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, insbesondere Leben, Gesundheit oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht, rechtswidrig und schuldhaft verletzt wird.
Dieser deliktische Schadensersatzanspruch kann sowohl gegen den Arbeitgeber als auch gegen mobbende Vorgesetzte oder Arbeitskollegen geltend gemacht werden.
Aus Mobbinghandlungen von Vorgesetzten oder Arbeitskollegen kann eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers unter dem Gesichtspunkt der Haftung für den Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) bzw. den Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) resultieren. Voraussetzung ist - wie bei der Haftung nach § 15 Abs. 1 AGG - , dass das schuldhafte Fehlverhalten von der Hilfsperson in Ausübung und nicht nur bei Gelegenheit der ihr vom Arbeitgeber übertragenen Aufgaben begangen worden ist. Daran fehlt es i. d. R., wenn ein Arbeitnehmer von Arbeitskollegen bei der Arbeit schikaniert, diskriminiert oder ausgegrenzt wird.
Mobbt dagegen ein Vorgesetzter ihm unterstellte Mitarbeiter, so kann dieses Fehlverhalten dem Arbeitgeber nach § 278 BGB zugerechnet werden bzw. der Arbeitgeber als Geschäftsherr selbst haften, auch wenn er das Verhalten weder gekannt noch gebilligt hat.
Ein Schadensersatzanspruch kann auch dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer als Folge des Mobbings seinen Arbeitsplatz verliert. So ist ein Arbeitnehmer, der über einen Arbeitskollegen eine bewusst unwahre Tatsache behauptet (z. B. die Bezeichnung des Arbeitgebers als "Sklaventreiber") und dadurch dessen Arbeitsplatzverlust zumindest mitverursacht, dem Betroffenen nach § 824 Abs. 1 BGB zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens (z. B. Verdienstausfall) verpflichtet. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines Mobbingbetroffenen, so kommt eine Schadensersatzpflicht dann in Betracht, wenn die Kündigung gegen ein gesetzliches Verbot (z. B. das Maßregelungsverbot des § 612a BGB), die guten Sitten (§ 138 BGB) oder die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt und deshalb unwirksam ist.
Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen gelten allerdings strenge Anforderungen, die im Streitfall vom Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen sind. So haben die Arbeitsgerichte bereits wiederholt entschieden, dass der Arbeitgeber nicht unsachlich oder willkürlich handelt, wenn er das Auftreten von Konflikten oder Spannungen am Arbeitsplatz zum Anlass nimmt, das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers trotz ordnungsgemäßer Arbeitsleistung während der Probezeit zu kündigen[6]. An für die Annnahme von Mobbing notwendigen systematischen und zielgerichteten Anfeindungen gegen den Arbeitnehmer fehlt es, wenn es in der Entwicklung einer im Wesentlichen psychisch bedingten Konfliktsituation zu einer Eskalation kommt, auf die der Arbeitgeber mit einem nicht mehr sozialadäquaten Exzess reagiert.
Mobbingbetroffene Arbeitnehmer sind nicht auf den Ersatz ihres materiellen Schadens beschränkt, sondern können von dem Mobber u. U. auch eine Geldentschädigung (Schmerzensgeld) als Ausgleich für die Beeinträchtigung ihrer Gesundheit und ihres Persönlichkeitsrechts verlangen.
Auch Vertragsverletzungen des Arbeitgebers (z. B. eine Verletzung seiner Fürsorgepflicht) können einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Schmerzensgeld begründen. Dies gilt allerdings nur für den Fall, dass der Arbeitgeber rechtswidrig und schuldhaft eines der in § 253 Abs. 2 BGB genannten Rechtsgüter (Körper, Gesundheit, Freiheit oder sexuelle Selbstbestimmung) verletzt hat. Es ist daher wie folgt zu differenzieren: Macht der Mobbingbetroffene ausschließlich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend, so steht ihm nur ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus Delikt zu (vgl. unten).
Hat das Mobbing eine Gesundheitsbeeinträchtigung des Betroffenen zur Folge, so kann dieser einen Schmerzensgeldanspruch auch bei einer rechtswidrigen und schuldhaften Vertragsverletzung des Arbeitgebers geltend machen. Dem Betroffenen kommen dabei zwei Erleichterungen zugute: Während im Rahmen der deliktischen Haftung der Geschädigte den Nachweis führen muss, dass der in Anspruch genommene Schädiger die eingetretene Rechtsverletzung schuldhaft, d. h. vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat, greift bei der Vertragshaftung zu Gunsten des Geschädigten die Beweiserleichterung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ein, nach welcher der Schädiger beweisen muss, dass er für die begangene Pflichtverletzung nicht verantwortlich ist.
Bei der Vertragshaftung muss der Schädiger ferner für das Fehlverhalten seiner gesetzlichen Vertreter und sonstigen Hilfspersonen nach § 278 BGB einstehen, ohne dass er die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB wie bei der deliktischen Haftung hat. |